Vier Spieltage vor Schluss steht der Karlsruher SC mit elf Punkten Rückstand auf das rettende Ufer abgeschlagen auf dem letzten Platz der 2. Bundesliga. Nur ein Wunder kann die Badener noch vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit bewahren. Dazu müssten die letzten vier Spiele gewonnen werden und gleichzeitig dürften entweder die Würzburger Kickers, 1860 München oder Erzgebirge Aue keinen Punkt mehr holen. Und Arminia Bielefeld darf natürlich auch nur noch maximal zwei Punkte holen. Da kommt Optimismus an seine Grenzen und wird schnell zur Utopie.
Schweres Restprogramm für den KSC
Noch können sich die Karlsruher Fans ein bisschen Trost beim Tabellenrechner holen. Wer mit einem Tabellenrechner die Ergebnisse der noch kommenden Spieltage ausrechnet, kann seinem Optimismus freien Lauf lassen, das eigene Team gewinnen lassen und die unmittelbare Konkurrenz verlieren lassen. Auf diese Weise wäre sogar noch der 15. Tabellenplatz möglich. Mit der Realität hat das oft wenig zu tun. Schon am kommenden Spieltag kann der Abstieg des KSC besiegelt sein, wenn gegen Kaiserslautern nicht gewonnen wird. Es ist noch die vermeintlich leichteste Aufgabe der letzten vier Spiele. Danach warten mit Fürth, Dresden und Braunschweig ausschließlich Klubs aus dem oberen Tabellendrittel. Zudem holte der Klub in den letzten fünf Jahren nie mehr als sechs Punkte aus den letzten vier Spielen.
Die Sorgen der anderen sind nicht viel kleiner
Allerdings dürfen sich noch zahlreiche weitere Mannschaften nicht in Sicherheit wiegen. Den elftplatzierten FC St. Pauli und Erzgebirge Aue auf Platz 16 trennen gerade mal zwei Punkte. In einer ähnlichen Konstellation fiel der 1. FC Nürnberg in der Saison 1998/99 in der 1. Bundesliga schon einmal am letzten Spieltag vom 12. auf den 16. Platz und musste absteigen, da es damals keine Relegationsspiele gab. Die Hoffnung stirbt also auch für Karlsruhe zuletzt.
Restprogramm des KSC und der Mannschaften, die punktgleich auf den Plätzen 14, 15 und 16 rangieren:
Karlsruher SC | 1860 München | Erzgebirge Aue | Würzburger K. |
K’lautern (H) | Braunschweig (H) | Würzburg (H) | Aue (A) |
Fürth (A) | Dresden (A) | Stuttgart (A) | Düsseldorf (A) |
Dresden (H) | Bochum (H) | K’lautern (H) | Sandhausen (H) |
Braunschweig (A) | Heidenheim (A) | Düsseldorf (A) | Stuttgart (A) |
Vor zwei Jahren noch Aufstiegsrelegation, jetzt Abstieg?
Etwa eine Minute trennte den Karlsruher SC im Juni 2015 noch vom Aufstieg in die 1. Bundesliga. Hätte Schiedsrichter Manuel Gräfe am 1. Juni 2015 in der 91. Minute des Relegationsspiels gegen den HSV richtigerweise keinen Freistoß für den HSV gegeben, würde der Karlsruher SC jetzt vielleicht nicht dort stehen, wo er steht. Mit ganz anderen finanziellen Mitteln wäre ein anderer Kader am Start und die dritte Liga wäre vermutlich kein Thema. Wäre, wäre, Stachelbeere.
So müßig es ist, Eventualitäten abzuwiegen, das Tor von Marcelo Diaz, das dem HSV die Verlängerung und später den Sieg bescherte, kann tatsächlich als Wendepunkt gesehen werden. In der folgenden Saison wurde erst am 30. Spieltag die ominöse Marke von 40 Punkten erreicht. Am Ende stand Tabellenplatz 7 zu Buche. Im DFB-Pokal kam das Aus gegen Fünftligist Reutlingen in der 1. Runde.
In der aktuellen Saison war Platz 11 die beste Platzierung. Überwintert wurde auf Platz 15. Seit dem 22. Spieltag wurden die Abstiegsränge nicht mehr verlassen.
Vier Trainer in einer Saison
Als weiterer Knackpunkt kann das Ende der Zusammenarbeit mit Trainer Markus Kauczinski betrachtet werden. Nach der verlorenen Relegation und Platz 14 nach zehn Spieltagen in der Saison 2015/16 teilte Kauczinski Anfang Oktober 2015 dem Verein mit, seinen zum Ende der Saison 2015/16 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Die erste Bundesliga lockte mit einem Engagement beim FC Ingolstadt.
In der aktuellen Saison gaben sich alle paar Monate neue Trainer die Klinke in die Hand. Die Mechanismen der Branche griffen in Karlsruhe überdimensional. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel FC St. Pauli, der an Trainer Lienen trotz Platz 18 in der Winterpause festhielt.
- Tomas Oral: Cheftrainer vom 1.7.2016 bis 4.12.2016; 12 Punkte aus 15 Spielen, 2 Siege, 6 Unentschieden, 7 Niederlagen; Entlassung nach dem 15. Spieltag auf Platz 16
- Lukas Kwasniok: Interimstrainer vom 5.12.2016 bis 2.1.2017; 2 Punkte aus 2 Spielen, 2 Unentschieden, abgelöst nach dem 17. Spieltag auf Platz 15
- Mirko Slomka: Cheftrainer vom 3.1.2017 bis 4.4.2017, 8 Punkte aus 10 Spielen, 2 Siege, 2 Unentschieden, 6 Niederlagen, Entlassung nach dem 27. Spieltag auf Platz 18
- Marc-Patrick Meister: Cheftrainer vom 5.4.2017 bis jetzt; 0 Punkte aus 3 Spielen
Damit steht die aktuelle Trainer-Politik im krassen Gegensatz zu der erfolgreichsten Zeit des Vereins, als Winfried Schäfer vom 1.7.1986 bis 25.3.1998 das Traineramt innehatte und sich der KSC mehrfach für internationale Wettbewerbe qualifizierte.
Ausblick
Sollte der Karlsruher SC zum dritten Mal innerhalb von siebzehn Jahren in die Drittklassigkeit abgleiten, wäre das auch eine Chance für einen Neuanfang. Zweimal schaffte der Klub bereits den sofortigen Wiederaufstieg.
Mit Dirk Orlishausen und Martin Stoll, beide 34 Jahre alt, haben sich bereits zwei Führungspersönlichkeiten zum KSC bekannt. René Vollath (27) und Dennis Kempe (30) sind ebenfalls gestandene Spieler, die auch für die dritte Liga gültige Verträge besitzen. In der Offensive wird über eine Rückkehr von Sebastian Freis (32) gemunkelt. Der gebürtige Karlsruher verlässt Fürth im Sommer ablösefrei. Die Planungen für die 3. Liga laufen ohnehin bereits auf Hochtouren und dürften trotz allen Optimismus auch notwendig sein.
Jochen Klein
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